Marrakesch

08. Januar 2020

Marrakesch scheint in aller Munde bzw. auf allen sozialen Kanälen zu sein. Diese faszinierende Stadt erfreut sich großer Beliebtheit – zu Recht! Ich war im November 2019 mit fünf Freundinnen zu Besuch und kann die Begeisterung verstehen. Obwohl… vor der Reise war ich in tagelanger Agonie zwischen begeisterter Vorfreude und leichter Hysterie. Es war meine erste Reise in den Orient und ich hatte nur eines im Kopf: „Oh Gott, da muss man dauernd handeln und feilschen. Da wird man dauernd angequatscht und bedrängt, was zu kaufen. Und da ist sicher viel Gedränge in den Basaren und überhaupt werden wir sicher dauernd beschissen…“ Beim Einlesen in diverse Reiseführer und Blogbeiträge mit einer Vielzahl an Warnungen fühlte ich mich auch ziemlich bestätigt.

(Fast) Alle (BloggerInnen, Reiseführer) empfehlen, als erstes unbedingt auf den Platz „Djemaa El-Fna“, das Herz der Medina, zu gehen – wegen der Stimmung, der Atmosphäre, des faszinierenden Trubels… wegen der Schlangenbeschwörer, Affenbändiger, Gaukler, Märchenerzähler, Garküchen, Tänzer, Musiker…. und „Beginnen Sie Ihre Entdeckungstour am besten bei Sonnenuntergang…“

Mein Eintrag ins Reisetagebuch war: „Schrecklich… aber der Sonnenuntergang war sehr schön.“

Djemaa El-Fna, (c) TaRo

Was war passiert? Einer von uns wurde trotz heftigen Widerstands ein Hennatatoo auf die Hand gemalt, danach von uns allen handgreiflich Geld eingefordert, ein Garküchen-Keiler hat uns mit „Scheiße, Scheiße, skinny Europeans“ beschimpft, der Garküchen-Keiler, bei dem wir dann – zugegebenermaßen sehr gut – gegessen haben – hat uns beim Bezahlen über den Tisch gezogen, und der Trubel am Platz war einfach mühsam, weil man sich permanent gegen aufdringliche Menschen wehren muss, die an einem herumzupfen und etwas verkaufen wollen oder unverschämt hohe Beträge für Fotos verlangen. Vorurteile voll bestätigt.

Gag am Rande: das oben erwähnte Hennatatoo wurde von einer der Mitreisenden mit „sieht aus wie Taubenscheiße“ kommentiert, was zumindest zur Erheiterung der Gruppe gesorgt hat.

Aber…. Achtung Spoiler! Der Rest des Marrakesch-Aufenthalts war ganz wunderbar.

Souks und Farben – Am schönsten an Marrakesch ist (für mich), stundenlang durch die Medina und die Souks zu spazieren und sich treiben zu lassen, die Atmosphäre zu genießen (dort gibt es sie wirklich!), das Warenangebot zu bestaunen und sich von den Farben verzaubern zu lassen.

Collage MOLDIV, Fotos (c) TaRo

Handwerksprodukte, kleine Kaufmannsläden, Standln mit Essen, Schuhmacher, bunte Tücher, Arganöl und Arganöl-Produkte, eine große Vielfalt an Gewürzen, Hausrat, Teppiche, Geschirr, farbenfrohe Schuhe, schön gearbeitete Ledertaschen, bunte Kleider und Gläser, goldene, silberne, kupferfarbene Lampen, Keramik-Schüsseln und -Teller, Keramik-Tajines in allen Größen und Farben…

Collage MOLDIV, Fotos (c) TaRo, Birgit Antoni, Regina Kummer

Und niemand wollte uns in einen Laden „entführen“, alle freundlich und hilfsbereit (vor allem als wir uns gleich am ersten Abend hoffnungslos im Labyrinth der Souks verirrt haben) und wollten kein Geld für die Auskunft, keiner war aufdringlich. Vorurteile zu 100% widerlegt. Unsere Spaziergänge durch die Souks wurden zu einem Highlight der Reise….

…auch am Abend, wenn die vielen Lampen die Stadt zu einem Ort wie aus TausendundeinerNacht machen… Apropos Abend: sehr empfehlenswert sind die Dachterrassen der Restaurants in den Souks – mit Blick auf die beleuchtenden Plätze und Verkaufsstände.

Fotos (c) TaRo

Einkaufen – ja, auf jeden Fall. Marrakesch ist ein Shoppingparadies im positiven Sinn. Und, ja, weiteres Vorurteil abgebaut: Handeln ist nicht ganz so schlimm, wie befürchtet. 😉

Foto (c) TaRo

Wohnen in einem Riad – ja, unbedingt. Ein Riad (arabisch „Garten“) ist ein traditionelles marokkanisches Haus mit einem Innenhof oder Innengarten und gemütlichen Zimmern. Unseres war besonders charmant, weil wir einen guten „Hausgeist“ namens Driss hatten: geduldig, immer gut gelaunt und für alle Anliegen ein hilfsbereiter Ansprechpartner.

Foto (c) TaRo

Stadtspaziergang mit einem Guide – ja, empfehlenswert. „Unser“ Youssef hat uns mit vielen Informationen und Geschichten durch die Medina von Marrakesch geführt. Wir sahen die Koutoubia Moschee samt Garten, schlenderten durch den Markt des farbenfrohen jüdischen Viertels Mellah, verkosteten marokkanische Süßigkeiten und besichtigen den Bahia Palast mit seinen prachtvollen Ornamenten und idyllischen Innengärten.

Fotos (c) TaRo
Collage MOLDIV, Marokkanische Süßigkeiten, Fotos (c) TaRo

Jardin Secret – ein weiteres Highlight des Spazierganges. Ein feiner Ort zum Ausrasten mitten im Gewurl der Medina. Sehr gut besucht, aber das viele Grün lässt einen das vergessen.

Foto (c) TaRo

Apropos Garten: zwei Gärten, die nicht unterschiedlicher sein können, aber beide sehenswert sind: Jardin Majorelle und Anima (beide nicht in der Medina).

Zugegeben, in André Hellers „Anima“ war ich selbst nicht. Unsere Gruppe hatte sich an dem Tag geteilt, nur drei von uns sind mit dem Gratis-Shuttlebus hingefahren (Fahrzeit ca. 45 Min.) – und sind nicht aus dem Schwärmen rausgekommen. Bougainvillea, Palmen, Kakteen, Olivenbäume, Rosensträucher, dazwischen Skulpturen von KünstlerInnen. Dieser üppige Garten ist nach wie vor ein Geheimtipp und daher auch noch eine ruhige Oase „zum Träumen“ geblieben, wie es eine meiner Mitreisenden ausgedrückt hat.

Im Gegensatz dazu war der Jardin Majorelle des französischen Malers Jacques Majorelle, den der Modeschöpfer Yves Saint Laurent in den frühen 1980ern erworben und berühmt gemacht hat, hoffnungslos überlaufen. Trotzdem ein absolutes „Must see“, denn das „Majorelle bleu“, das dunkle, satte Kornblumenblau, in Kombination mit den Tontöpfen in kräftigem Gelb und Orange und den Bougainvillea in rosa und weiß ist einfach ein Traum.

Fotos (c) TaRo, Birgit Antoni

Zurück in die Medina von Marrakesch: Das Gerberviertel (Quartier des Tanneurs) erweckt zwiespältige Gefühle. Ohne selbsternannten Guide (,von dem man unweigerlich abgeschleppt wird, wenn man eine Gerberei sehen will, und der hinterher ein völlig überzogenes Salär verlangt) hätten wir nicht gesehen, unter welchen Bedingungen dort gearbeitet wird. Nicht zu reden vom Gestank. In Marrakesch sind die Gerber in einer Kooperative vereint. Dorthin führt der „Guide“ alle TouristInnen. Man schwankt zwischen dem Gefühl abgezockt zu werden und dem schlechten Gewissen, dass man so denkt/fühlt, weil frau ja gerade gesehen hat, wie die Gerber arbeiten (müssen). Ich erfreue mich an meiner Handtasche, auch wenn sie (angeblich) noch immer nach Kamel stinkt. Fotografieren ist in den Gerbereien nicht erwünscht.

Ich fand das Viertel – abgesehen vom Erlebnis in den Gerbereien – schön. Weniger TouristInnen, weniger Trubel, mehr grantige Einheimische mit Eselskarren (mit Lederstücken), viel mehr Authentizität und Lokalkolorit.

Foto (c) Sabine Gaisler

Nicht weit vom Gerberviertel befindet sich das Maison de la Photographie mit ganz wunderbaren Schwarz-Weiß-Fotos aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Ich liebe die Aufnahmen der marokkanischen Straßenszenen und Porträts sehr. Im Terrassenrestaurant am Dach gibt es eine kleine Speisekarte mit Snacks und einen großartigen Ausblick auf Marrakesch.

Collage MOLDIV, Foto links (c) TaRo, Foto rechts Postkarte abfotografiert

Tagesausflug nach Essaouira – sehr empfehlenswert! Super sympathische Stadt am Meer mit kleiner, gemütlicher Medina, starken Farben, vielen Gewürzständen.

Collage MOLDIV, Fotos (c) TaRo, Regina Kummer

Die dreistündige Fahrt nach Essaouira war wieder von zwiespältigen Gefühlen besetzt, denn unser Guide hat wenig erzählt und brachte uns zu typischen „Touristenplätzen“ – zuerst Pause beim marokkanischen „Rosenberger“ (haha, nein, keine Verwandtschaft), dann in einem Arganöl-Betrieb und zuletzt bei den berühmten Ziegen in den Bäumen. Wir waren anfangs nicht so happy, da wir extra eine private Tour gebucht hatten, aber wir haben durchaus verstanden, dass es möglicherweise für den Guide verpflichtend war, uns dorthin zu bringen und wir durch unsere Käufe und Trinkgelder MarokkanerInnen unterstützen, denen es wahrscheinlich nicht so gut geht. Und der Arganöl-Betrieb war ein reiner Frauenbetrieb mit zahlreichen Öko- und Bio-Auszeichnungen.

Collage MOLDIV, Fotos (c) TaRo, Regina Kummer

Wir waren knapp fünf Tage, vier Nächte in Marrakesch. Ein weiterer Tag wäre noch gut gewesen, um all die Dinge zu sehen, die wir nicht (mehr) geschafft haben, allen voran die Medersa Ben Youssef (Koranschule, die noch bis 2022 wegen Renovierung geschlossen ist), ein Besuch im berühmten Café de France (immer voll), die Saadier-Gräber, die Neustadt von Marrakesch, die Palmeraie (ein Palmenhain am Stadtrand) mit Kamelritt und Sonnenuntergang, ein Besuch im Hamam, ein Ausflug ins Atlasgebirge…. Beim nächsten Mal dann!

Last but not least, ein paar Tipps:

Reisezeit November – wettertechnisch super, weil viel Sonne und Wärme untertags, aber – Achtung! – die Abende sind durchaus kühl und windig, also warme Sachen einpacken.

Reisezeit Herbst – wer am Abend auf ein Abschlussgläschen Wein in geselliger Runde oder beim Abendessen nicht verzichten will, sollte sich erkundigen, wann der Geburtstags des Propheten ist, denn das bedeutet tagelang strenges Alkoholverbot in der Medina….

Geld wechseln am besten gleich am Flughafen, und in der Medina damit rechnen, dass nicht immer alle Bankomate funktionieren. Kleingeld immer in Griffweite für die zu vergebenden „Trinkgelder“ am Weg durch die Stadt.

Essen: ab besten nur Gekochtes, nichts Rohes essen und unbedingt die Nationalspeise „tajine“ (in Öl geschmortes Eintopfgericht) in unterschiedlichen Variationen (Huhn, Fleischbällchen, Gemüse) kosten.

Alles gebucht im Reisebüro Kuoni Klosterneuburg, geflogen mit Austrian. Beides perfekt. Nein, keine Werbung, sondern einfach Lob für gutes Service.

Collage / Fotos TaRo und Margit de Toma

8 Antworten zu “Marrakesch”

Januar 09, 2021 um 9:15 pm, Margit de Toma kommentierte:

Ich war eine der Reisegefährtinnen und genau so war es, einfach eine traumhafte, lustige, und erinnerungswürdige Reise! Danke für den Bericht, ich bin in Gedanken wieder mit euch Mädels dort!

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Januar 09, 2021 um 9:18 pm, Tanja Rosenberger kommentierte:

😊

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Januar 08, 2021 um 8:46 pm, Richard kommentierte:

Toller Bericht! Marrakesh war zwar nicht wirklich auf meiner Reise-Shortlist, aber da bekommt man wirklich Lust darauf! Freu‘ mich schon auf den nächsten Artikel!

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Januar 08, 2021 um 8:48 pm, Tanja Rosenberger kommentierte:

Danke! 😊

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Januar 08, 2021 um 8:03 pm, Souzanne kommentierte:

Mehr von diesen Geschichten, bitte! Amüsant und detailreich beschrieben, man/frau bekommt sofort Lust, dorthin zu reisen. Bin schon gespannt auf den nächsten Eintrag.

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Januar 08, 2021 um 8:11 pm, Tanja Rosenberger kommentierte:

Vielen lieben Dank! 🙂

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Januar 08, 2021 um 4:19 pm, Sabine kommentierte:

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Marrakesch mit seinen schönen Farben, netten Leuten und gutem Essen ist eine Reise wert.

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Januar 08, 2021 um 6:49 pm, Tanja Rosenberger kommentierte:

Absolut! Jederzeit gerne wieder! 🙂

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